Wandbehang der Bremen IV

neu im focke-museum

Wandbehang der Bremen IV

Von Alexandra Albrecht

Für die Ausstattung des Luxusliners Bremen (IV) wurden keine Mühen und Kosten gescheut. Namhafte Künstler und Gestalter, darunter der Bremer Dichter und Innenarchitekt Rudolf Alexander Schröder, entwickelten mit den Vereinigten Werkstätten eine Innenausstattung, die den anspruchsvollsten und verwöhntesten Gästen gefallen sollte. Schon für seine Jungfernfahrt 1929 von Bremerhaven nach New York erhielt der Turbinenschnelldampfer zudem das Blaue Band als schnellstes Schiff auf der Transatlantik-Route zwischen Europa und den Vereinigten Staaten. Exklusivität und die moderne Technik des Schiffes zahlten sich aus: Das zahlungskräftige Publikum wählte bevorzugt die Bremen für die Überfahrt in die Vereinigten Staaten.

Ein Armlehnstuhl im Stil des Art déco. Der Sitz ist gepolster und mit einem Blütenstoff überzogen.
Der Bremer Dichter und Gestalter Rudolf Alexander Schröder entwarf diesen Stuhl für die Halle der Zweiten Klasse auf der Bremen (IV). (c) Focke-Museum

Bis heute ist sie unvergessen. Häufig umrunden Besucher und Besucherinnen des Focke-Museums das ungewöhnlich große Modell des Schiffes und schauen sich jedes Detail ganz genau an. Ein Stuhl von Rudolf Alexander Schröder aus der Halle der Zweiten Klasse und Teile des Services der Ersten Klasse vermitteln schon jetzt einen Eindruck vom luxuriösen Leben an Bord. Wenn das Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte 2026 seine Sammlungsausstellung neu eröffnet, werden der Norddeutsche Lloyd und die Bremen (IV) noch prominenter vertreten sein, mit einem Wandbehang aus dem Speisesaal der Ersten Klasse, den das Museum von Hapag Lloyd erhalten hat.

Wie man den Fotografien von Hans Finsler, der die Jungfernfahrt begleitete,  entnehmen kann, säumten je zwei Wandbehänge die beiden Ecken an der Stirnseite des Speisesaals. Sie zeigten im Freien ausgeübte Sportarten: Angeln, Jagen und Skilanglauf. In der Reihe der allegorischen Darstellung der vier Jahreszeiten steht die Golfpartie, die den in das Focke-Museum aufgenommenen Wandbehang ziert, sehr wahrscheinlich für den Frühling.

Thematisch und auch stilistisch verweist er auf die Moderne und den Art déco. Der Sport entwickelte sich schon im 19. Jahrhundert zum kulturellen Ausdruck der Moderne und symbolisierte Fortschritt. Ein neuer Kleidungsstil, der auf Korsetts verzichtete und den Rocksaum bis an das Knie hob, unterstrich das Frauenbild der 1920er-Jahre. Sie präsentierte sich nun dynamisch und selbständig, fuhr Auto und trieb Sport, fuhr Ski, spielte Tennis oder Golf. Allerdings blieb dieser Lebensstil dem vermögenderen Teil der Gesellschaft vorbehalten.

Vor allem die polnische Malerin Tamara de Lempicka setzte den neuen Frauentyp dekorativ in Szene:

In fließenden Abendroben vor einer Skyline, am Steuer eines Sportwagens oder im Schnee von St. Moritz. Ihre Gemälde zierten die Modezeitschrift „Die Dame“ und waren den weiblichen Gästen der Bremen (IV), die im Angesicht der vier Wandbehänge speisten, sicherlich bekannt. Auf dem des Focke-Museums ist eine junge Dame mit kurzen Haaren und einer modischen Kappe zu sehen. Flache Schuhe und ein saloppes, die Hüfte locker umspielendes Kleid unterstreichen die sportliche Erscheinung, die ganz dem neuen androgynen Schönheitsideal und den sich wandelnden Geschlechterrollen verhaftet ist.  

Für die Ausstattung der Ersten Klasse auf der Bremen (IV) war der Architekt Fritz August Breuhaus verantwortlich, der seinen Stil passend als „kultivierte Sachlichkeit“ bezeichnete. Obwohl er als Architekt gut beschäftigt war und als Gestalter Objekte wie Bestecke, Lampen, Tapeten und anderen luxuriösen Hausrat, z. T. für bekannte Hersteller wie den WK-Verband und WMF, entwarf, war es vor allem die Ausstattung der Bremen, die ihn bekannt machte. Er lebte und arbeitete in Düsseldorf, so wie Max Clarenbach, der laut dem Allgemeinen Künstlerlexikon Saur (Band 19, Seite 373) 1928 vom Norddeutschen Lloyd den Auftrag für die Entwürfe erhielt.   

Clarenbach (1880 in Neuss geboren, 1952 in Köln gestorben) studierte an der Kunstakademie Düsseldorf, wo er ab 1907 als Professor lehrte. Als Maler der Düsseldorfer Schule und Mitgründer des Sonderbundes wurde er bekannt und machte sich vor allem mit seinen menschenleeren Herbst- und Winterlandschaften einen Namen als „Maler des Niederrheins“. Von ihm stammte auch ein Gemälde des Bremer Rathauses, das ebenfalls auf der Bremen (IV) hing, ein Geschenk des Bremer Senats.  

1940, im Zweiten Weltkrieg, wurde die Bremen IV zum Truppentransporter umgerüstet. Ein Jahr später brannte sie aus und 1942 wurde das einst so stolze Schiff verschrottet, nachdem die noch brauchbaren Teile ausgebaut worden waren. Wie lange sich der Teppich an Bord befand, ist ebenso wenig bekannt wie sein späterer Verbleib bis zur Aufnahme im Magazin von Hapag Lloyd.

Wahrscheinlich ist er aus einem Rahmen herausgeschnitten worden, die ungesäumten Ränder lassen es vermuten. Mit Hilfe der Hapag Lloyd Stiftung konnte das 400 x 188 große Schmuckstück bereits im belgischen Mechelen gereinigt werden, mit einem speziellen Verfahren, das Aerosole durch das Textil hindurchzieht. Staub und viele Flecken sind nun entfernt, auch die Farben leuchten wieder kräftiger. Bis er 2026 in einer klimatisierten Vitrine gezeigt werden kann, stehen noch diverse Restaurierungs- und Montagearbeiten an, u.a. die Anbringung eines stabilisierenden und rutschfesten Untergrunds. Die Restauratorinnen Carmen Markert und Anke Otto wachen über das Wohlergehen ihres „Patienten“.    

Der Wandbehang soll nach der Wiedereröffnung des Focke-Museums im Jahr 2026 in einem der Bremen (IV) und dem Norddeutschen Lloyd gewidmeten Kabinett hängen, das die mit den bremischen Werften und Reedereien verbundene Technik-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte erzählt.     

Ein Ehepaar spielt Golf, begleitet von einem Träger, der die Tasche trägt. Frühlingshafte Sonne scheint auf die Szenerie. Hohe Berge türmen sich hinter den Sportlern auf.
Einer von vier Wandbehängen, die einst im Speisesaal der Ersten Klasse auf der Bremen (IV) hingen. Alle zeigten Sportarten im Freien. (c) Focke-Museum