Ansicht des Buches Auf der Jagd nach der krassesten Pizza der Bronzezeit

Januar 2022

Archäologie für Kinder

neue Buchreihe für Kinder und Jugendliche

Von Alexandra Albrecht

Wer weiß, ob die Himmelsscheibe von Nebra je gefunden worden wäre, wenn nicht zwei Männer mit Metalldetektoren über den Mittelberg in Sachsen-Anhalt gegangen wären, in der Hoffnung, etwas zu finden, was sich zu Geld machen lässt. Nahe der Kuppe schlugen die Geräte jedenfalls an und gaben Laut. Die beiden begannen zu graben und förderten zwei Bronzebeile und Schwerter, Armreife, einen Meißel und eine Metallscheibe mit seltsamen Verzierungen zutage. Wie dieser Fund erst bei Hehlern und schließlich bei der Polizei landete, um endlich im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle ausgestellt zu werden, erzählen Silke Vry und Marie Geissler informativ und unterhaltsam in dem Band „Auf der Jagd nach der krassesten Pizza der Bronzezeit“. Es ist die erste Folge aus der Reihe „Dusty Diggers“, die sich an Kinder richtet und ihnen bedeutende archäologische Funde erklären möchte.

Die Autorin Silke Frey gibt die verbürgte Geschichte wie einen Krimi wieder: Ronny und Rüdiger, so heißen die beiden Raubgräber bei ihr, wissen sehr wohl, dass sie die Objekte nicht ausgraben und vor allem nicht behalten dürfen. Aber sie wittern das große Geld und nehmen Kontakt zu einem Hehler auf, der ihnen die geheimnisvolle Scheibe abnimmt, um sie kurz danach weiterzuverkaufen. Tatsächlich ist sie damals verschiedenen Museen und Landesarchäologien für Geld angeboten worden, die aber angesichts der kriminellen Umstände dankend ablehnten. Dass alles noch ein gutes Ende nahm, ist dem Direktor des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle zu verdanken, der den Hehlern gemeinsam mit der Polizei eine Falle stellte. Bei einem fingierten Verkaufsgespräch in der Schweiz wurden die Betrüger festgenommen und die Scheibe landete dort, wo sie rechtmäßig hingehört: in Sachsen-Anhalt, wo sie gefunden wurde.

Text und Zeichnung aus dem Buch über den Fund der Himmelsscheibe von Nebra
Kein Eimerdeckel sondern die Himmelsscheibe von Nebra wird freigelegt.

Neben dieser Räuberpistole kommen die Fakten nicht zu kurz: Die Leserinnen und Leser erfahren, wie die Wissenschaftler das Alter bestimmten und versuchten, die Markierungen auf der Scheibe zu entschlüsseln. Natürlich gibt es auch Wissenswertes über die Bronzezeit zu lesen, ein Glossar erklärt zudem Fachbegriffe der Archäologie.

Schnell stellte sich seinerzeit heraus, dass die Himmelsscheibe von Nebra nicht nur ein herausragender Fund aus der frühen Bronzezeit ist, sondern auch die älteste konkrete Himmelsdarstellung der Menschheitsgeschichte (UNESCO-Weltdokumentenerbe) und einer der bedeutendsten Funde des 20. Jahrhunderts. Eine Astronomin erkannte in der Abbildung von Sonne, Mond und Sternen einen Kalender, der zum Beispiel genutzt werden konnte, um den richtigen Zeitpunkt für die Aussaat zu bestimmen.

Das Bild zeigt, wie die Hehler in einem Hotel in Zürich festgenommen werden.
Die Polizei nimmt die Hehler in Zürich fest.

Marie Geisslers Illustrationen sind witzig, informativ und gleichzeitig unterhaltsam und dazu angetan, im Verbund mit der spannenden Geschichte das Interesse der Leser und Leserinnen zu fesseln. Des betont umgangssprachlichen, jugendlichen Jargons hätte es jedenfalls nicht bedurft, er wirkt eher aufgesetzt. Dieser stört auch in dem zweiten Band der Reihe, „Gekrächze aus der Urzeit“, der das Geheimnis des Urvogels Archaeopteryx vorstellt. Unwahrscheinlich, dass ein deutscher Geologieprofessor des 19. Jahrhunderts „Wow“ dachte, und ein englischer Gelehrter die deutsche umgangssprachliche Redewendung „damit ist hoffentlich Ruhe im Karton …“ kannte. Solche Ungenauigkeiten wirken unseriös und mindern den ansonsten guten Eindruck der Bücher. Schlimmstenfalls wecken sie sogar Zweifel an der Richtigkeit der dargestellten Sachverhalte.   

Die Dusty-Diggers-Reihe ermuntert die kleinen Leserinnen und Leser, selber als Schatzgräber aktiv zu werden. Aber wer nun gleich mit einem Detektor loslaufen möchte, sei gewarnt: Ganz so einfach ist es nicht. Auf der Homepage der Landesarchäologie Bremen findet sich folgender Hinweis: „Da Bremen ein kleines, dicht bebautes Bundesland ist und bereits Genehmigungen für etliche Gebiete für geschulte, zertifizierte und erfahrene Personen vergeben wurden, wird in der Regel eine Genehmigung zum Sondieren eines Gebietes mittels Metallsonden oder Magnetangeln nur an Fachfirmen, archäologische Institutionen oder anderweitig geschultes Personal erteilt.“ Für die Wissenschaft ist es problematisch, wenn Laien einfach drauflos buddeln, weil damit der aussagefähige Fundkontext zerstört wird.  Außerdem befinden sich noch immer Munition und Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg im Boden, was zu sehr gefährlichen Situationen führen kann.

Silke Vry, Marie Geissler: Auf der Jagd nach der krassesten Pizza der Bronzezeit. Die Geheimnisse der Himmelsscheibe von Nebra; E.A. Seemanns Bilderbande, 16.95 Euro

Band 2: Gekrächze aus der Urzeit. Das Geheimnis der Urvogels Archaeopteryx

Alle Abbildungen: © Silke Vry & Marie Geissler, E. A. Seemanns Bilderbande 2021

Cover des Buches Gekrächze aus der Urzeit.

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